Weit entwickelte Galaxien produzieren keine neuen Sterne mehr, weil Schwarze Löcher ihr
Gas zu sehr aufheizen. Zu dieser Übereinstimmung sind internationale Experten jetzt
gelangt. Drei Jahre lang haben sich die Forscher in Gesprächen, koordiniert von Dr. Andrea
Cattaneo vom Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP), intensiv zu diesem und weiteren
bis dato ungelösten Problemen der Galaxienentstehung und -entwicklung ausgetauscht und
ihre Resultate nun als Überblicksartikel in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Astronomen beobachten schon lange, dass Galaxien unterschiedliche Eigenschaften
bezüglich der Sternentstehung besitzen. In den letzten fünf Jahren haben umfassende
Himmelsdurchmusterungen wie das Sloan Digital Sky Survey bestätigt, dass es in der Tat
zwei grundsätzlich trennbare Galaxien-Populationen gibt. Dies sind einerseits junge, aktive
Galaxien ("späten Typs"), in denen neue Sterne entstehen, und andererseits alte, passive
Galaxien ("frühen Typs") ohne Sternentstehung.
"Die aktiven Galaxien repräsentieren quasi die arbeitende Bevölkerung des Universums",
veranschaulicht Andrea Cattaneo das Szenario. "Sie produzieren über ihr Leben hunderte
Milliarden Sterne, so lange, bis sie eines Tages in den wohlverdienten Ruhestand eintreten
und zu einer passiven Galaxie werden".
Passive Galaxien beinhalten heißes Gas. Dieses hat einen hohen Druck und kann somit der
eigenen Schwerkraft standhalten. Unter normalen Bedingungen würde das heiße Gas jedoch
mit der Zeit abkühlen und zu neuen Sternen kollabieren. Dagegen zeigen
Röntgenaufnahmen der letzten Jahre, dass nur ein sehr kleiner Teil des Gases in passiven
Galaxien abkühlt. Schwarze Löcher, wie wir sie in den Zentren aller massereichen Galaxien
finden, fungieren als eine Art Heizkörper und verhindern, dass die Sternentstehung in einer
Galaxie frühen Typs erneut einsetzt.
"Röntgensatelliten wie der NASA-Satellit Chandra und der ESA-Satellit XMM-Newton haben
unsere Sicht der Dinge in den letzten Jahren revolutioniert", begeistert sich Andrea Cattaneo.
"Ohne Schwarze Löcher wäre das Universum ein ganz anderer Ort: Galaxien müssten ihr
Leben lang arbeiten." Stattdessen führen aktive Galaxien ständig einen gewissen
Prozentsatz ihres Gases an Schwarze Löcher ab und zahlen so gewissermaßen in einen
"Rentenfond" ein, der später ihren ungestörten Ruhestand garantieren wird.
Veröffentlichung:
A. Cattaneo, S.M. Faber, J. Binney, A. Dekel, J. Kormendy, R. Mushotzky, A. Babul, P.N. Best, M.
Brüggen, A.C. Fabian, C.S. Frenk, A. Khalatyan, H. Netzer, A. Mahdavi, J. Silk, M. Steinmetz & L.
Wisotzki: The role of black holes in galaxy formation and evolution. Nature vom 9. Juli 2009.
Das AIP beschäftigt sich vorrangig mit kosmischen Magnetfeldern und extragalaktischer Astrophysik.
Daneben wirkt das Institut als Kompetenzzentrum bei der Entwicklung von Forschungstechnologie in
den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Das AIP ist Nachfolger der 1700
gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums
Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Das AIP ist eine
Stiftung privaten Rechts und ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören
derzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte
Mitglieder, die wissenschaftliche Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bearbeiten.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner
Dr. Andrea Cattaneo
Astrophysikalisches Institut Potsdam
An der Sternwarte 16
D-14482 Potsdam
(0331) 7499 537
Presse-Ansprechpartner
Dr. Gabriele Schönherr
Astrophysikalisches Institut Potsdam
An der Sternwarte 16
D-14482 Potsdam
(0331) 7499 383
(0151) 1406 9779
[Pressemitteilung]
[Programmbereich Galaxien]
[AIP Homepage]
|
|
Der Perseus-Galaxienhaufen: Zwei vom zentralen Schwarzen Loch ausgesandte Jets (Gasströme) heizen
das heiße Gas auf. (Röntgen-, Radio- und optische Aufnahme; Bilder: A. Cattaneo, AIP)
Perseus-Galaxienhaufen im Röntgenlicht.
Perseus-Galaxienhaufen im Radiowellenbereich.
Perseus-Galaxienhaufen im sichtbaren Licht.
|
|
|