MareNostrum, der leistungsfähigste Supercomputer Europas steht in einer ehemaligen Kirche in Barcelona. Gerade wurde seine Rechenkapazität verdoppelt. Mit 10.240 Prozessoren und einer Rechnerkapazität von 94,21 Teraflops kann er 94,21 Billionen Operationen in einer Sekunde ausführen. Damit ist er nicht nur der leistungsfähigste Supercomputer Europas, sondern auch der fünftgrößte der Welt. Im Rahmen europäischer Projekte haben Wissenschaftler vom Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP) Rechenzeit auf MareNostrum eingeworben, um sehr komplexe Probleme der Galaxienentstehung zu studieren, deren Berechnung auf normalen Computern Jahrhunderte dauern würden.
Wissenschaftlicher Fortschritt ist in der Forschung auf einigen
Gebieten nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen einer wissenschaftlich-theoretischen Basis, Experimenten
und Computer-Simulationen möglich. Genügend Rechenkapazität ist der Schlüssel für die
wissenschaftliche und technologische Entwicklung eines Landes. Wissenschaftler aus vielen Ländern und
vielen Bereichen sind daher an Rechenzeit auf dem spanischen Supercomputer MareNostrum interessiert. Die
Anfragen zur Benutzung von Rechenzeit überschreiten MareNostrums Kapazität um ein dreifaches. Darum
müssen sich Wissenschaftler bei einem Zugangskomitee aus unabhängigen spanischen Wissenschaftlern
bewerben. Der Computer wird von Forschungsprojekten aus Bereichen wie Erdwissenschaften, Biomedizin, Chemie,
Materialwissenschaften, Physik, Ingenieurwesen und Astrophysik genutzt. In Zusammenarbeit mit der Autonomen
Universität Madrid (UAM) führt das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) zwei Simulationen auf
MareNostrum aus, um die Entwicklung von Galaxien im frühen Universum nachvollziehen zu können. Die
Simulationen sind riesig und sehr komplex und sind daher nur auf solchen Supercomputern möglich. So wird
derzeit die Entwicklung von tausenden Galaxien in einem Würfel von 233,2 Millionen Lichtjahren Kantenlänge
simuliert. Bisher standen diesem Projekt schon über eine Million Rechenstunden auf MareNostrum zur
Verfügung. Zum Vergleich: ein normaler Computer mit einem Prozessor müsste dafür über 114 Jahre
ununterbrochen rechnen. Auf MareNostrum hat das nur 52 Tage gedauert, weil für die Simulation 800 Prozessoren
gleichzeitig benutzt wurden. Nach der Verdopplung der Rechenkapazität wurden dem Projekt weitere
600.000 Stunden zugesprochen.
Projektleiter Prof. Gustavo Yepes hofft, damit bis zu einer
Rotverschiebung von 5 vorzudringen und so die Entwicklung von Galaxien in der ersten Milliarde Jahre nach
dem Urknall zu sehen.
Hochauflösende Galaxiensimulation, die eine großräumige Gasverteilung eine Milliarde Jahre
nach dem Urknall zeigt. In den Knotenpunkten der Filamente entstehen Protogalaxien. [Abb.: Arman Khalatyan, AIP]
[Pressemitteilung]
[Arbeitsgruppe Kosmologie]
[AIP Homepage]
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MareNostrum in der ehemaligen Kapelle auf dem Campus der polytechnischen Universität von Barcelona (im Barcelona Supercomputing Center). Der Name unser Meer ist die römische Bezeichnung des Mittelmeeres und soll die zentrale Rolle des Systems für die Wissenschaft symbolisieren [Foto: S. Gottlöber, AIP].
MareNostrum, der größte Supercomputer Europas und der fünftgrößte der Welt [Foto: S. Gottlöber, AIP].
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Für das zweite Simulationsprojekt des AIP im Rahmen der
europäischen DEISA Extreme Computing Initiative werden gerade noch die Vorbereitungen getroffen. In
Zusammenarbeit mit Prof. Yehuda Hoffman (Jerusalem), der im Sommer auf einer Mercator-Professur der
Universität Potsdam am AIP geforscht hat, und Prof. Anatoly Klypin, der im Sommer das Helmholtz-Institut
am AIP leitete, plant Dr. Stefan Gottlöber vom AIP, die Entwicklung des lokalen Universums zu simulieren,
d.h., im Computer sollen ähnliche Objekte entstehen, wie wir sie in unserer Umgebung beobachten. Umgebung,
das sind einige Millionen Lichtjahre. Dafür stehen zunächst einmal 700.000 Computerrechenstunden
(umgerechnet wären das 80 Jahre) zur Verfügung.
Pressekontakt
Frau Shehan Bonatz
Astrophysikalisches Institut Potsdam
An der Sternwarte 16
D-14482 Potsdam
(0331) 7499 469
Wissenschaftlicher Ansprechpartner
Herr Dr. Stefan Gottlöber
(0331) 7499 516
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