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Astron. Nachrichten
last change 2004 March 9, R. Arlt
History of Astronomy
Vor 100 Jahren in Potsdam:
Johannes Hartmann entdeckt das interstellare Gas

[Bilder, english]

Bei der Beobachtung des Sterns delta Orionis, des rechten Gürtelsterns im Sternbild Orion, bemerkt Professor Johannes Hartmann 1904, dass sich zwischen dem Stern und der Erde sonst unsichtbare Materie befinden muss. An den Teleskopen des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam zerlegte er das Sternlicht in seine Farbbestandteile und nahm 42 Spektren zwischen dem 25. Februar 1900 und und dem 15. März 1903 auf. Die meisten von ihnen (40) entstanden am Großen Refraktor mit 80 cm Linsendurchmesser.

    Johannes Franz Hartmann wurde am 11. Januar 1865 in Erfurt geboren und studierte in Tübingen, Berlin und Leipzig. Er promovierte 1891 und ging 1893 als Assistent an die Privatsternwarte von Moritz von Kuffner in Wien-Ottakring, nach Leipzig 1894 und ans Astrophysikalische Observatorium in Potsdam 1896. Dort wurde er 1898 Observator, 1902 Professor und blieb bis 1909. Von 1909 bis 1921 arbeitete er als ordentlicher Professor der Universität und Direktor der Sternwarte in Göttingen. Dort betreute er zum Beispiel 1919 die Doktorarbeit von Walter Baade. Im Jahre 1921 zog Hartmann wegen der besseren Beobachtungsbedingungen auf die Sternwarte La Plata in Argentinien. Sehr krank kehrte er 1934 nach Göttingen zurück und verstarb dort am 13. September 1936. Hartmann beschäftigte sich in der Potsdamer Zeit mit Sternspektroskopie - der Nachweis des interstellaren Mediums ist also ein "Nebenprodukt".

Die untenstehenden Auszüge aus der entscheidenden Veröffentlichung im Astrophysical Journal, zu der es erst im Jahre 1904 kam, zeigt Hartmanns Schlussfolgerungen. Er hatte eigentlich die Verschiebung von Spektrallinien zur Bestimmung der Bewegung des Sterns verwenden wollen und war dabei auf die "ruhenden Calcium-Linien" gestoßen.


(aus Astrophys. Journal, Vol. 19, 1904, S. 268-286)
"Eingehende Untersuchungen führten mich zu dem überraschenden Schluss, dass die Calcium-Linie bei lambda 3934 nicht an der periodischen Verschiebung der Linien teilnimmt, die durch die Bahnbewegung des Sterns hervorgerufen wird."

Diese Skizze des Sonnenspektrums zeigt ganz links im violetten Teil das schwarze Absorptionslinienpaar des Calciums. Vor allem anhand der linken der beiden Linien bei der Wellenlänge von 393.4 nm hat Hartmann das interstellare Gas nachgewiesen. Damit hatte Hartmann eine wichtige Beobachtung für das Verständnis der Sternentstehung geliefert und richtig interpretiert, wie der folgende Auszug beweist.


(aus Astrophys. Journal, Vol. 19, 1904, S. 268-286)
"Man wird hierdurch zu der Annahme geführt, dass sich auf der Visierlinie zwischen der Sonne und delta Orionis an irgendeiner Stelle des Raumes eine Wolke befindet, welche jene Absoprtion hervorbringt, und sich mit 16km/s Geschwindigkeit von uns entfernt, falls man noch die nach der Natur der beobachteten Linie sehr wahrscheinliche Annahme zulässt, dass die Wolke aus Calciumdampf besteht."

Vor 100 Jahren in Potsdam entwickelt:
Hartmann-Test zum Prüfen von Fernrohr-Objektiven

Johannes Hartmann entwickelte eine Lochblende, die vor das Objektiv montiert wird. Dadurch werden einzelne Lichtbündel aus dem einfallenden Licht ausgewählt, und ihr Strahlengang kann vermessen werden. Fotografiert man ein Bild etwas außerhalb des Fokus, erhält man ein typisches Muster, dessen Vermessung die Abbildungseigenschaften des Objektivs liefert. Die folgenden Abbildungen zeigen Hartmanns Lochblende, ein typisches Bild auf der Fotoplatte und ein Bild wie es ein Objektivs liefert, das keine Farbfehler aufweist - hier erzeugt durch monochromatisches Licht.

      
(aus Zeitschrift für Instrumentenkunde, Vol. 24, S. 1-21)

Genaugenommen hat Hartmann auf die Methode schon in einem früheren Beitrag in der gleichen Zeitschrift von 1900 hingewiesen. Er verwendete zu dieser Zeit aber nur zwei Öffnungen in der Blende - die Möglichkeit, das nahezu ganze Objektiv mit einem Test zu vermessen, hat er erst 1904 veröffentlicht.


Hartmann-Blende des 70-cm-Spiegelteleskops am AIP.

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