Entdeckung eines planetarischen Nebels in einem jungen Sternhaufen

Zwei nebeneinander angeordnete Teleskopaufnahmen von einem Ausschnitt des Sternhaufens NGC 1866, links mit vielen weißen und blauen Sternen, rechts mit farblich markierten Sternen in Grün, Gelb und Rot auf dunklem Hintergrund.

Links: Ein Ausschnitt des jungen Sternhaufens NGC 1866 in einer Aufnahme vom Hubble-Weltraumteleskop. Rechts: Derselbe Ausschnitt in einer Falschfarbenaufnahme des MUSE-Instruments mit dem neu entdeckten planetarischen Nebel als roter Ring.

Bild: ESA/Hubble & NASA (links); Bond et al. 2025 (rechts)
11. November 2025 //

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) entdeckte unerwartet einen schwachen planetarischen Nebel im jungen Sternhaufen NGC 1866 in der Großen Magellanschen Wolke.

Im Rahmen einer spektroskopischen Untersuchung von Sternen im jungen Sternhaufen NGC 1866 in der Großen Magellanschen Wolke (LMC) mit dem Integralfeldspektrographen MUSE am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) wurde eine unerwartete und rätselhafte Entdeckung gemacht: die ionisierte Hülle eines planetarischen Nebels. Das Objekt trägt die Bezeichnung „Ka LMC 1”, nach seinem Entdecker Sebastian Kamann, der 2013 im Rahmen seiner Doktorarbeit am AIP die Technik der 3D-Spektroskopie in dichten Sternfeldern entwickelt hatte. Diese einzigartige Technik ist erforderlich, um Spektren von Sternhaufen wie NGC 1866 aufzunehmen. In einer Folgestudie untersuchte eine internationale Forschergruppe, darunter drei Astronomen des AIP, die Beschaffenheit dieses Objekts anhand von Bildern des Hubble-Weltraumteleskops und einer detaillierten Bild- und Spektralanalyse des MUSE-Datenwürfels.

Planetarische Nebel stellen ein spätes Stadium der Sternentwicklung dar: Wenn ein Stern seinen Brennstoff (Wasserstoff) für die Kernfusion verbraucht hat, finden Verbrennungsprozesse in seiner Hülle statt und er dehnt sich als Roter Riese aus. Schließlich gibt er einen großen Teil seiner Masse in eine riesige, sich ausdehnende Hülle ab und der verbleibende Kern zieht sich zusammen, wird sehr heiß und verblasst schließlich zu einem Weißen Zwerg. Wird der Kern heißer als 35.000 Grad, dann ionisiert er die Hülle, die in Emissionslinien bei ausgewählten Wellenlängen sichtbar wird.

Großer Sternhaufen NGC 1866 mit farbigen Detailausschnitten und zwei schwarz-weißen Aufnahmen mit ringförmiger Struktur.

Die Abbildung zeigt ein Bild des Kugelsternhaufens NGC 1866, überlagert mit einem Falschfarbenbild aus dem MUSE-Datenwürfel, auf dem die ionisierte Hülle des Planetarischen Nebels Ka LMC 1 als roter Ring zu sehen ist. Die Graustufenbilder auf der rechten Seite veranschaulichen die unterschiedliche Größe der ionisierten Hüllen von einfach ionisiertem Stickstoff [N II] und doppelt ionisiertem Sauerstoff [O III]. Das vergrößerte Hubble-Bild in der Nähe der Mitte des Rings (Kreuz) zeigt einen blassblauen Stern, der höchstwahrscheinlich der heiße Zentralstern des planetarischen Nebels ist.

Bild: AIP/M. M. Roth, Hintergrund: ESA/Hubble & NASA

Mit einem Bild des Sternhaufens vom Hubble-Weltraumteleskops als Hintergrund, zeigt die Abbildung ein rekonstruiertes Falschfarbenbild aus dem MUSE-Datenwürfel, in dem die ionisierte Hülle von Ka LMC 1 als roter Ring zu sehen ist. Die Graustufenbilder auf der rechten Seite veranschaulichen die unterschiedliche Größe der ionisierten Hüllen von einfach ionisiertem Stickstoff [N II] und doppelt ionisiertem Sauerstoff [O III]. Die schwache Emission – die vom HST nicht erfasst wird – kann nur dank der Spektren des MUSE-Instruments und mit moderner digitaler Bildverarbeitung sichtbar gemacht werden, durch die störende Haufensterne entfernt werden. Das vergrößerte Hubble-Bild in der Nähe der Ringmitte (Kreuz) zeigt jedoch die Anwesenheit eines blassblauen Sterns: höchstwahrscheinlich der heiße Zentralstern des planetarischen Nebels.

Prof. Martin Roth, einer der Mitwirkenden der Studie, kommentiert: „Ka LMC 1 ist wirklich ein Rätsel: Für das junge Alter des Sternhaufens von 200 Millionen Jahren muss der Vorläuferstern ziemlich massereich gewesen sein. Aber ein solcher Stern würde sich sehr schnell in Richtung der Abkühlungskurve eines Weißen Zwergs entwickeln. Wir hatten Schwierigkeiten, das Alter der sich ausdehnenden Hülle des planetarischen Nebels mit den theoretischen Entwicklungskurven für den Zentralstern in Einklang zu bringen.“

Detaillierte, weiterführende Beobachtungen des Objekts sind sehr lohnenswert, um seine Natur zu entschlüsseln. Es ist einer der seltenen Fälle, in denen die Sternentwicklung in Aktion beobachtet werden kann: Normalerweise liegen die Zeitskalen bei Millionen, wenn nicht Milliarden von Jahren. Die Entwicklung des massereichen Zentralsterns dauert jedoch nur wenige Tausend Jahre – und sie kann anhand der Zeitdauer für die Expansion des Nebels kalibriert werden.

Veröffentlichungen

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Die Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Sterne, Sonne und Exoplaneten sowie der extragalaktischen Astrophysik. Einen wesentlichen Anteil bildet die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 11. November 2025