Kosmologie und Hochenergie-Astrophysik

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Bild: AIP/P. Girichidis

In den vergangenen 13,8 Milliarden Jahren seit dem Urknall entstand – aus einem ursprünglich nahezu homogenen Medium – das „Cosmic Web“. Das gewaltige Netz aus Filamenten durchzieht unser Universum und umspannt kosmische Leerräume. In den dichten Regionen der kosmische Filamente bildeten sich Galaxien während sich in den Knotenpunkten des „Cosmic Webs“ riesige Galaxienhaufen formten. In der Kosmologie untersuchen wir physikalischen Prozesse, die zur Entstehung dieser kosmologischer Strukturen führen und deren weitere Entwicklung prägen. Dazu werden einerseits Beobachtungen des lokalen Universums ausgewertet, um kosmologische Modelle einzuschränken. Andererseits prüfen Kosmologinnen und Kosmologen ihre Theorien durch Computersimulationen. Mit deren Hilfe bilden sie die Entstehung und Entwicklung kosmischer Strukturen nach – von den ersten Galaxien über das intergalaktische Medium bis hin zu den Populationen von Galaxien und Galaxienhaufen und der großräumigen Struktur des Universums selbst.

So erlangen wir Erkenntnisse über das Strukturwachstum auf Grund der anziehenden Wirkung der Gravitation und darüber, wie magneto-hydrodynamische Prozesse im Gas zur Entstehung von Sternen und supermassereichen Schwarzen Löchern führen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die dynamische und thermische Rückwirkung dieser Objekte auf die Eigenschaften des kosmischen Gases, die als Rückkopplung bezeichnet wird. Wir untersuchen insbesondere, wie kosmische Strahlung, Ultraviolett-Strahlung von jungen, massereichen Sternen, und die Energie von Supernovae auf das umliegende thermische Plasma rückwirken und damit die Sternentstehung in der Galaxie moduliert. Die aufwändigen Computersimulationen werden auf europäischen Supercomputern und den Computerclustern am AIP gerechnet und ausgewertet.

Local Cosmography

Kosmographie ist die Kunst, den Kosmos zu vermessen. Zu sehen ist eine „quasilineare“ Karte des Universums. Die Erde befindet sich in der Mitte der drei Pfeile. Die großen Galaxienhaufen der Superhaufen sind tief eingebettet in dichten (roten) Regionen dargestellt.

Bild: Hoffman et al. 2018

Unser Forschungsprogramm ist breit gefächert und untersucht die Entstehung und Entwicklung von kosmologischen Strukturen. Das reicht von der Entstehung der ersten Galaxien, die das Universum reionisieren, über die Eigenschaften des intergalaktische Mediums, bis hin zur heutigen Population von Galaxien und Galaxienhaufen. Diese kosmologische Studien werden durch kleinskalige plasma-physikalische Simulationen komplementiert, welche die Aufgabe haben, den Ursprung der kosmische Strahlung durch Teilchenbeschleunigung an Stosswellen zu entdecken. Weiterhin untersuchen wir die Ausbreitung der kosmischen Strahlung in Galaxien und Galaxienhaufen und wie dabei Kräfte und Energie auf das umliegende thermische Plasma übertragen wird. Damit versetzen wir uns in die Lage, hoch-energetische, astrophysikalische Prozesse in Galaxien und Galaxienhaufen zu modellieren welche diese im Radiowellenlängenbereich bis hin zur Gammastrahlung aufleuchten lassen.

In unserer Abteilung versuchen wir, uns diesen interessanten Herausforderungen zu stellen, indem wir Theorie, Simulationen und Beobachtungen innovativ miteinander verknüpfen. Dabei kombinieren wir „Papier-und-Bleistift“-Theorie mit einer fortschrittlichen Simulationstechnik, die im Arepo-Code realisiert wird. Dieser kosmologische magneto-hydrodynamische Code verwendet ein sich bewegendes Gitter als zugrunde liegende numerische Struktur und ermöglicht Simulationen mit bisher unerreichter Genauigkeit, numerischer Auflösung und physikalischer Vollständigkeit. Für plasma-kinetische Simulationen benützen wir darüber hinaus äußerst genaue numerische Verfahren welche im SHARP-Code realisiert wurden, und untersuchen Plasmainstabilitäten und den Transport von kosmischer Strahlung.

Die Gruppe Kosmographie und großräumige Strukturen beteiligt sich an Himmelsdurchmusterungen im Cosmic-Flows Projekt, um unsere kosmologische Umgebung in Entfernungen von etwa einer halben Milliarde Lichtjahre bestmöglich zu beobachten. Um so die detailliertesten Karten des lokalen Universums zu erstellen, werden nume­rische Simulationen mit Beobachtungen vermittels fortschrittlichen Algorithmen verknüpft.

Kürzlich wurde herausgefunden, dass Satellitengalaxien die Milchstraße in einer Ebene umkreisen, ähnlich wie die Planeten unsere Sonne. Neuere Beobachtungen mit den Weltraum Teleskopen Gaia und Hubble erlauben es, die vollständige dreidimensionale Bewegung dieser Galaxien zu messen und verschiedene Theorien über ihren Ursprung sowie unser kosmologisches Standardmodell zu testen.

Letzte Aktualisierung: 27. November 2020