Erste bedeutende Komponente für 4MOST bereit für Montage

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Ein Teil des AIP 4MOST-Teams mit den AESOP-Boxen in der Integrationshalle des Instituts. Von links nach rechts: Olga Bellido, Systemingenieurin, Roelof de Jong, wissenschaftlicher Leiter, Joar Brynnel, Projektleiter, und Carlos Rodriguez Alvarez, Maschinenbauingenieur.

Bild: AIP
28. Oktober 2021 //

Mit dem Bau von 4MOST, einem Instrument für spektroskopische Himmelsdurchmusterungen, in vollem Gange, ist das erste große Teilsystem auf dem Babelsberger Campus des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) eingetroffen und wird nun ausgepackt und montiert. Das Faserpositionierungssystem AESOP wird sicherstellen, dass die optischen Fasern von 4MOST in der Lage sind, das maximale Licht von astronomischen Objekten wie Sternen und Galaxien zu sammeln.

Das 4-Meter-Multi-Object Spectroscopic Telescope 4MOST ist eine Durchmusterungsanlage, die für das Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA), einem Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO), in der Atacama-Wüste in Chile unter der Leitung des AIP gebaut wird. Eine der Hauptkomponenten von 4MOST ist ein Faserpositionierer, genannt AESOP, der vom Australian Astronomical Optics (AAO) Department der Maquarie-Universität in Sydney im Rahmen einer Partnerschaft der ESO mit Australien entwickelt und gebaut wurde.

Das AESOP-System, das auf einer innovativen Technologie von AAO basiert, besteht aus dem Positionierer mit seinen 2436 Fasern, dem Gehäuse des Positionierers, der Elektronik und den Elektronikgehäusen. Die Fasern sind in einem sechseckigen Gitter angeordnet und können sehr präzise ausgerichtet werden, um das Licht von Sternen und anderen Objekten am Himmel zu sammeln. Die Fasern leiten das Licht an drei optische Multi-Objekt-Spektrographen weiter, die die spektralen Eigenschaften der beobachteten Objekte gleichzeitig messen und so unter anderem Aufschluss über die chemischen Strukturen und Bewegungen verschiedener Regionen der Milchstraße geben werden. Die wichtigste Anforderung an AESOP ist, dass alle Fasern innerhalb einer Minute mit einer Genauigkeit von 10 µm – etwa ein Fünftel der Dicke eines Haares – neu positioniert werden müssen. Wenn die Fasern ihre neue Position erreicht haben, werden sie mit rotem Licht rückbeleuchtet, das von hochauflösenden Kameras aufgezeichnet wird, um die Position der Faserenden zu überprüfen, bevor eine Himmelsbelichtung gestartet wird. Je besser die Genauigkeit und Geschwindigkeit, desto mehr Licht von einem Objekt wird in möglichst kurzer Zeit eingefangen.

Am 5. August wurde der fertige Faserpositionierer von AAO in Sydney an das AIP in Potsdam geliefert. Dies ist die erste gelieferte Großkomponente für 4MOST, die nach dem Auspacken und Wiedereinbau den Beginn der 4MOST-Systemintegration in der Integrationshalle des AIP markiert. „Nach mehr als vier Jahren Design- und Analysearbeit, gefolgt von drei Jahren Fertigung und Integration, war es sehr aufregend, das fertige AESOP für die Systemintegration in Empfang zu nehmen“, resümiert Joar Brynnel, Projektleiter von 4MOST am AIP. „Die Testergebnisse aus Sydney zeigen eine exzellente Leistung und wir freuen uns sehr, AESOP in Potsdam einsetzen zu können und die gute Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Kolleginnen und Kollegen in Australien fortzusetzen.“

Ursprünglich war geplant, dass das AAO-Team nach Potsdam reist und die Reintegration und den Test des AESOP-Faserpositionierers leitet. Aufgrund der COVID-Reisebeschränkungen in und aus Australien ist dies derzeit nicht möglich. Dies stellt die Potsdamer Ingenieurinnen und Ingenieure vor schwierige Probleme, da sie normalerweise auf die Zusammenarbeit mit ihren australischen Kolleginnen und Kollegen beim Auspacken und der komplizierten Montage von AESOP angewiesen sind. Die Teams haben nun einen alternativen Plan ausgearbeitet, bei dem die Arbeiten von Mitarbeitenden der europäischen 4MOST-Partner unter der Fernaufsicht von technischen Mitarbeitenden von AAO durchgeführt werden sollen. Dies startet mit der Ankunft eines Unterstützungsteams des Max-Planck-Instituts für Astronomie und der Landessternwarte Heidelberg am 25. Oktober.

Dr. Roelof de Jong, der wissenschaftliche Leiter von 4MOST, betont die Bedeutung dieser Arbeitsphase: „Es ist erstaunlich, den Meilenstein des Auspackens und der Montage von AESOP in Potsdam zu erreichen. Der Faserpositionierer ist das Herzstück der Anlage und wir können nun damit beginnen, das gesamte Instrument um ihn herum zu montieren und zu testen, bevor wir alles nach Chile verschiffen.“ Die Fertigstellung des Instruments und die Lieferung nach Chile ist derzeit für Mai 2023 geplant.

„AAO-Macquarie University ist stolz darauf, eng mit großen Observatorien auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, um innovative neue Instrumente zu entwickeln, die auf neuen und aufstrebenden Technologien wie AESOP basieren“, hebt Scott Smedley, AESOP-Projektleiter von AAO-Macquarie University, hervor.

Das 4MOST-Konsortium besteht aus 15 Instituten in Deutschland, Australien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und wird vom AIP geleitet. 4MOST wird auf dem VISTA-Teleskop der ESO in Paranal in Chile installiert. Das Design von 4MOST ermöglicht es, in fünfjährigen Durchmusterungen Dutzende von Millionen von Spektren zu sammeln, selbst für Ziele, die über einen großen Teil des Himmels verteilt sind. Das Instrument wird auch über eine ausreichende Wellenlängenabdeckung verfügen, um die Geschwindigkeiten von extragalaktischen Objekten über einen großen Rotverschiebungsbereich hinweg zu erfassen und so Messungen der Entwicklung von Galaxien und der Struktur des Kosmos zu ermöglichen. Mit diesem außergewöhnlichen Instrument lassen sich viele wissenschaftliche Ziele verwirklichen, aber das Design ist vor allem darauf ausgerichtet, drei wichtige weltraumgestützte All-Sky-Observatorien von vorrangigem europäischem Interesse zu ergänzen: Gaia, EUCLID und eROSITA.

Weitere Informationen

Projektwebsite

https://www.4most.eu/

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 28. Oktober 2021