4MOST-Spektrograph sieht „erstes Licht“ in Potsdam

Zwei Personen mt Helm, Mundschutz und Kittel arbeiten an einem runden Objekt mit Linse in der Mitte, welches von einem Kran gehalten wird.

In der Integrationshalle des AIP installiert das Team bestehend aus Mitarbeitenden von CRAL, MPIA und AIP den Detektor an den roten Arm des Spektrographen.

Bild: AIP
7. April 2022 //

Frische Lieferung aus Lyon: Der erste von drei Spektrographen für 4MOST, ein neues innovatives Instrument für Himmelsdurchmusterungen, das unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) gebaut wird, ist auf dem Campus des Instituts in Potsdam-Babelsberg angekommen. Nur eine Woche nach seiner Ankunft hat der niedrig auflösende Spektrograph nun ein erstes Spektrum nach dem Wiederzusammenbau aufgenommen.

4MOST, das 4-Meter-Multi-Object Spectroscopic Telescope für das VISTA-Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) am Paranal in Chile, besteht aus drei Spektrographen, die gleichzeitig die Spektren von 2400 Sternen und Galaxien messen werden. Nach der Fertigstellung in den Partnerinstituten des AIP treten alle drei den Weg nach Potsdam an, damit Mitarbeitende dort das System testen und validieren können. Zwei sind identische niedrig auflösende Spektrographen, der dritte ein hochauflösender Spektrograph. Jeder der drei Spektrographen wird jeweils über 800 Fasern mit Licht aus dem Teleskop versorgt und besitzt drei Arme in fester Konfiguration, die jeweils dem blauen, grünen und roten Teil des optischen Spektrums entsprechen. Jeder Arm wiederum ist mit einem CCD-Detektor mit 36 Megapixeln ausgestattet. Die niedrig auflösenden Spektrographen werden eine kontinuierliche Wellenlängenabdeckung vom sichtbaren Licht bis zum nahen Infrarot bieten.

Das 4MOST-Partnerinstitut Centre de Recherche Astrophysique de Lyon (CRAL) in Lyon, Frankreich, stellte im Dezember 2021 den ersten der drei Spektrographen fertig. Nach den Abnahmetests wurde er demontiert und verpackt, um den Versand zum AIP vorzubereiten. Vier Lastwagen transportierten ihn am 29. März 2022 zum Babelsberger Campus des AIP. Ein Team von fünf Kolleginnen und Kollegen des CRAL, unterstützt durch das lokale 4MOST-Integrationsteam und zwei Mitarbeitende des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, packte den Spektrographen aus. Nach der Remontage erblickte der Spektrograph nun in Potsdam sein „erstes Licht“.

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Die blaue Kamera des niedrig auflösenden Spektrographen empfing ihr erstes Licht am 5. April. Bei den Aufnahmen handelt es sich um die allerersten, aufgenommen vor jeglicher Optimierung. Die Leistung, z. B. die Bildqualität, wurde vom Team bereits als gut und vielversprechend beurteilt.

Bild: Alban Remillieux and Florence Laurent, CRAL

„Die Lieferung und das ‚erste Licht‘ des ersten niedrig auflösenden Spektrographen ist ein wichtiger Meilenstein für das 4MOST-Projekt“, betont 4MOST-Projektleiter Joar Brynnel. „Wir haben den Erhalt dieser wichtigen Komponente freudig begrüßt und freuen uns nun auf ihren Wiedereinbau in der Integrationshalle des AIP.“ Die beiden verbleibenden Spektrographen sollen im August und Oktober 2022 geliefert werden.

Alban Remillieux, Projektleiter für den niedrig auflösenden Spektrographen von CRAL, fügt hinzu: „Die Reintegration des ersten Spektrographen am AIP verlief ziemlich reibungslos. Dieser Erfolg war möglich dank eines gut gesicherten Transports, was den Wiederzusammenbau erheblich erleichterte, und der wertvollen Unterstützung des lokalen 4MOST-Integrationsteams am AIP, welche die Effizienz und Zuverlässigkeit des CRAL-Teams während der Reintegration verbesserte.“

Das 4MOST-Konsortium besteht aus 17 Instituten in Deutschland, Australien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und wird vom AIP geleitet. 4MOST wird am VISTA-Teleskop der ESO am Paranal in Chile montiert. Das Design von 4MOST ermöglicht es, in fünfjährigen Durchmusterungen Dutzende von Millionen von Spektren zu sammeln, selbst für Ziele, die über einen großen Teil des Himmels verteilt sind. Das Instrument wird auch über eine ausreichende Wellenlängenabdeckung verfügen, um die Geschwindigkeiten von extragalaktischen Objekten über einen großen Rotverschiebungsbereich zu erfassen und so Messungen der Entwicklung von Galaxien und der Struktur des Kosmos zu ermöglichen. Mit diesem außergewöhnlichen Instrument lassen sich viele wissenschaftliche Ziele verwirklichen, aber das Design ist vor allem darauf ausgerichtet, die Himmelsbeobachtungen der drei wichtigen weltraumgestützten Observatorien von vorrangigem europäischem Interesse zu ergänzen: Gaia, EUCLID und eROSITA.

Weitere Informationen

Mehr über 4MOST https://www.4most.eu/

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 7. April 2022