SPINSTARS: die erste Sterngeneration des Universums?

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Simulation der Entstehung der ersten Sterne mit sehr schneller Eigendrehung.

Bild: A. Stacy, University of Texas
27. April 2011 //

Fingerabdruck schnell rotierender, schwerer Sterne aus der Frühphase unserer Milchstraße nachgewiesen.

Aus der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der ältesten Sterne unserer Milchstraße, hat ein internationales Team von Astronomen um Cristina Chiappini vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und dem Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) neue Erkenntnisse über die Natur der ersten Sterngenerationen unseres Universums abgeleitet. „Wir glauben, dass die schwerer Sterne der ersten Generationen sich sehr schnell um sich selbst gedreht haben – wir nennen sie daher SPINSTARS (engl.: „sich drehende Sterne“)”, erklärt Chiappini. Die Ergebnisse ihrer Forschungen werden am 28. April 2011 in Nature publiziert.

Das Leben massereicher Sterne ist heftig und kurz. Daher sind die ersten Generationen schwerer Sterne im Universum bereits vergangen. Allerdings lassen sich ihre chemischen Hinterlassenschaften wie ein Fingerabdruck auch heute noch in den ältesten Sternen unserer Milchstraße nachweisen. Diese fossilen Überreste geben Zeugnis über die Eigenschaften der ersten, inzwischen vergangenen, Sterngenerationen die unser Universum bei ihrem Tod mit neuen chemischen Elementen angereichert haben. „Es ist als wollten wir die Persönlichkeit des Kochs aus dem Geschmack seiner Gerichte erschließen“, illustriert Prof. Georges Meynet von der Universität Genf die Herangehensweise der Forscher.

Wie sahen diese ersten Sterne aus? Waren sie anders als Sterne, die wir heute beobachten?

Kurz nach dem Urknall war die Zusammensetzung des Universums sehr viel einfacher als heute: es bestand in erster Linie aus Wasserstoff und Helium. Die chemische Anreicherung des Universums mit weiteren Elementen ließ noch etwa 300 Millionen Jahre, bis zum Tod der ersten Generationen massereicher Sterne, auf sich warten. Diese Sterne hatten zwischenzeitlich in ihrem Inneren neue chemische Elemente produziert, mit denen sie nun das Ur-Gas „verschmutzten“ aus dem dann die nächste Generation von Sternen entstand.

Für ihr Forschungsprojekt analysierten die Astronomen Spektren sehr alter Sterne unserer Milchstraße aus Beobachtungsdaten mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO. Diese Sterne sind so alt, dass nur sehr massereiche, kurzlebige Sterne mit mehr als der etwa 10-fachen Masse der Sonne zuvor genug Zeit hatten zu sterben und das Gas, aus dem sich die Sterne formten, zu verschmutzen. Wie erwartet zeigte die Auswertung der Beobachtungsdaten typische Elemente für solch eine Anreicherung des Gases durch massereiche Sterne. Allerdings entdeckten die Forscher unerwartet auch solche Elemente, von denen man normalerweise annimmt, dass sie nur in Sternen niedrigerer Masse produziert werden. Falls die massereichen Sterne sehr schnell rotierten, könnten sie allerdings auch selbst für die Produktion solcher Elemente verantwortlich sein.

„Noch können wir alternative Szenarien nicht ausschließen,  so Cristina Chiappini, „aber wir zeigen dass SPINSTARS als erste Generation massereicher Sterne im Universum eine sehr elegante Lösung dieses Rätsels sind!“. Teammitglied Urs Frischknecht, ein Doktorand an der Universität Basel, arbeitet bereits daran, die numerischen Simulationen der Sterne zu erweitern, um das vorgeschlagene Szenario weiter zu testen.

Eine frühe Generation von SPINSTARS im Universum hätte eine Vielzahl von Konsequenzen. Die Eigendrehung eines Sterns beeinflusst auch seine weiteren Eigenschaften, wie seine Farbe, seine Lebensdauer und seine Leuchtkraft, stark. Somit wären auch die Eigenschaften und die Erscheinung der ersten Galaxien des Universums durch SPINSTARS verändert. Die Hypothese der Existenz von SPINSTARS wurde kürzlich auch durch hydrodynamische Simulationen zur Entstehung der ersten Sterne des Universums durch eine unabhängige Forschergruppe unterstützt.

Weitere Informationen

Originalpublikation

Chiappini, C., Frischknecht, U., Meynet, G. et al. Imprints of fast-rotating massive stars in the Galactic Bulge. Nature 472, 454–457 (2011).

DOI: https://doi.org/10.1038/nature10000

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Simulation der Entstehung der ersten Sterne mit sehr schneller Eigendrehung.

Bild: A. Stacy, University of Texas
27. April 2011 //

Fingerabdruck schnell rotierender, schwerer Sterne aus der Frühphase unserer Milchstraße nachgewiesen.

Aus der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der ältesten Sterne unserer Milchstraße, hat ein internationales Team von Astronomen um Cristina Chiappini vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und dem Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) neue Erkenntnisse über die Natur der ersten Sterngenerationen unseres Universums abgeleitet. „Wir glauben, dass die schwerer Sterne der ersten Generationen sich sehr schnell um sich selbst gedreht haben – wir nennen sie daher SPINSTARS (engl.: „sich drehende Sterne“)”, erklärt Chiappini. Die Ergebnisse ihrer Forschungen werden am 28. April 2011 in Nature publiziert.

Das Leben massereicher Sterne ist heftig und kurz. Daher sind die ersten Generationen schwerer Sterne im Universum bereits vergangen. Allerdings lassen sich ihre chemischen Hinterlassenschaften wie ein Fingerabdruck auch heute noch in den ältesten Sternen unserer Milchstraße nachweisen. Diese fossilen Überreste geben Zeugnis über die Eigenschaften der ersten, inzwischen vergangenen, Sterngenerationen die unser Universum bei ihrem Tod mit neuen chemischen Elementen angereichert haben. „Es ist als wollten wir die Persönlichkeit des Kochs aus dem Geschmack seiner Gerichte erschließen“, illustriert Prof. Georges Meynet von der Universität Genf die Herangehensweise der Forscher.

Wie sahen diese ersten Sterne aus? Waren sie anders als Sterne, die wir heute beobachten?

Kurz nach dem Urknall war die Zusammensetzung des Universums sehr viel einfacher als heute: es bestand in erster Linie aus Wasserstoff und Helium. Die chemische Anreicherung des Universums mit weiteren Elementen ließ noch etwa 300 Millionen Jahre, bis zum Tod der ersten Generationen massereicher Sterne, auf sich warten. Diese Sterne hatten zwischenzeitlich in ihrem Inneren neue chemische Elemente produziert, mit denen sie nun das Ur-Gas „verschmutzten“ aus dem dann die nächste Generation von Sternen entstand.

Für ihr Forschungsprojekt analysierten die Astronomen Spektren sehr alter Sterne unserer Milchstraße aus Beobachtungsdaten mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO. Diese Sterne sind so alt, dass nur sehr massereiche, kurzlebige Sterne mit mehr als der etwa 10-fachen Masse der Sonne zuvor genug Zeit hatten zu sterben und das Gas, aus dem sich die Sterne formten, zu verschmutzen. Wie erwartet zeigte die Auswertung der Beobachtungsdaten typische Elemente für solch eine Anreicherung des Gases durch massereiche Sterne. Allerdings entdeckten die Forscher unerwartet auch solche Elemente, von denen man normalerweise annimmt, dass sie nur in Sternen niedrigerer Masse produziert werden. Falls die massereichen Sterne sehr schnell rotierten, könnten sie allerdings auch selbst für die Produktion solcher Elemente verantwortlich sein.

„Noch können wir alternative Szenarien nicht ausschließen,  so Cristina Chiappini, „aber wir zeigen dass SPINSTARS als erste Generation massereicher Sterne im Universum eine sehr elegante Lösung dieses Rätsels sind!“. Teammitglied Urs Frischknecht, ein Doktorand an der Universität Basel, arbeitet bereits daran, die numerischen Simulationen der Sterne zu erweitern, um das vorgeschlagene Szenario weiter zu testen.

Eine frühe Generation von SPINSTARS im Universum hätte eine Vielzahl von Konsequenzen. Die Eigendrehung eines Sterns beeinflusst auch seine weiteren Eigenschaften, wie seine Farbe, seine Lebensdauer und seine Leuchtkraft, stark. Somit wären auch die Eigenschaften und die Erscheinung der ersten Galaxien des Universums durch SPINSTARS verändert. Die Hypothese der Existenz von SPINSTARS wurde kürzlich auch durch hydrodynamische Simulationen zur Entstehung der ersten Sterne des Universums durch eine unabhängige Forschergruppe unterstützt.

Weitere Informationen

Originalpublikation

Chiappini, C., Frischknecht, U., Meynet, G. et al. Imprints of fast-rotating massive stars in the Galactic Bulge. Nature 472, 454–457 (2011).

DOI: https://doi.org/10.1038/nature10000

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2022